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In neun Schritten aus dem Motivationsloch

Geschrieben von Silke Katterbach

Was tun, wenn die Arbeit einfach keinen Spaß mehr macht, jegliche Motivation schwindet?

Aufstehen! Ein neuer Tag wartet mit alter Routine. Es scheint so vorhersagbar zu sein, was kommt und wie es sich entwickeln wird. Die Aufgaben, die gestern schon langweilig waren, warten heute wieder auf dich. Was tun?

Unterscheide zwischen Motiv und Motivation (1)

Motive sind nicht bewusst und auch nicht unmittelbar beeinflussbar. Sie beeinflussen die Wahrnehmung und sorgen für eine emotionale Erregung. Das können sehr unterschiedliche Auslöser sein. Verschiedene theoretische Ansätze gehen von bis zu 20 Grundmotiven aus, die beim Individuum unterschiedlich stark oder schwach ausgebildet sind. Aus der Praxis scheint es sinnvoll zu sein, folgende Motive stärker zu betrachten:

Neugier, Geselligkeit, Macht, Gestaltung, Leistung, Uneigennützigkeit, Autonomie, Status, Wettbewerb, Selbstwirksamkeit.

Motive sind also nur die psychophysische Grundlage, die ein Gefühl wie Freude oder auch Langeweile auslösen.

Finde heraus, welche Motive dich antreiben (2)

Jemand, der nicht gerne vor Gruppen spricht, sollte nicht Redner werden, jemand, der nicht gerne führt, sollte nicht Führungskraft werden. Neugier treibt den Forscher, die Forscherin, Uneigennützigkeit den sozial arbeitenden Menschen. Und jemand mit einem hohen Autonomie-Motiv wird sich nicht einfach Dinge vorschreiben lassen. Es ist also die Kenntnis der eigenen Motivstruktur, die einen Hinweis auf mögliches Unwohlsein liefert. Bei Interesse an einem Online-Motivtest empfehle ich die Website meiner geschätzten Kollegin Lisa Krelhaus.

Suche Handlungsalternativen, werde aktiv (3)

Was kann verändert werden? Welches Motiv findet keinen Raum in der jetzigen Arbeitssituation? Vielleicht sitzt man schon seit Wochen alleine im Büro und wünscht sich mehr Geselligkeit. Oder die Rolle im Team ist dem (meistens nicht einfach zu kommunizierenden) Statuswunsch nicht angemessen. Manchmal ist es aber auch der Wettbewerb, dem man sich ausgesetzt fühlt, der die Kreativität hemmt. Mitunter können hier kleine Maßnahmen Wunder wirken: Den Arbeitsplatz verändern, das Gespräch mit anderen suchen, die eigene Leistung wertschätzen oder sich zwischendurch auf andere Aufgaben konzentrieren.

Kommuniziere (4)

Langfristig hilft es auf jeden Fall, sich auch am Arbeitsplatz über persönliche Neigungen und/oder Vorlieben auszutauschen. Dafür ist es von Vorteil, wenn es ein gemeinsames Verständnis im Team, in der Abteilung oder noch besser im Unternehmen über die Macht der Motive im Arbeitsleben gibt. Denn auch hier gilt, dass der Unterschied oft den Mehrwert ausmacht. Umgangssprachlich heißt es: „Jeder soll nach seiner Faҫon selig werden“ (Friedrich II. von Preußen). Im Austausch mit Anderen lernt man außerdem eine Menge über die Kolleginnen und Kollegen.

Sei dir deiner Ressourcen bewusst (5)

Fast jeder kennt das: Manchmal fühlt sich der Mensch schwach, hilflos und klein. Ungeachtet einer objektiven Betrachtung erscheinen die eigenen Defizite riesengroß, die Qualitäten aller anderen hingegen bekommen einen Heiligenschein. Das eigene Tun und Können wird als selbstverständlich wahrgenommen und der persönliche Handlungsspielraum ist verschwunden. Man kann ja nichts und schon gar nichts Anderes. Und es gibt auch Zeiten, in denen das Gefühl von Kompetenz und Flexibilität überwiegt und man sich als mutig und flexibel erlebt. Da genau ist anzusetzen: In solchen Phasen ist es sinnvoll, sich einmal die Mühe machen (gerne mit der Unterstützung eines Coaches), systematisch alles aufzuschreiben, was als Stärken, oder Ressourcen bezeichnet werden kann. Besonders gut gelingt das, wenn die Erinnerung an persönlich empfundene Erfolge im Leben eine Brücke bilden kann. Was habe ich auch schon früher hinbekommen? Was kann ich richtig gut? Über welche Fähigkeiten MUSS ich verfügt haben, um erfolgreich zu sein? Worauf bin ich vielleicht sogar stolz? Kommt dann irgendwann wieder das „Ich-kann-ja-nichts-Monster“ um die Ecke, kann ein Blick auf die Liste der Fähigkeiten und Stärken das negative Gefühl mindern. Nicht selten sind sogar gute Anregungen dabei, die direkt zu umzusetzenden Lösungen führt.

Selbstmotivation (6)

Eigentlich ist der erste Schritt der Selbstmotivation dann schon getan. Und das ist gut so, denn niemand anderes kann uns motivieren, als wir selbst. Auf eine Veränderung der Umfeldbedingungen zu hoffen und zu warten ist ein schlechter Deal. Womöglich passiert da nämlich mal gar nichts. Über die Liste der eigenen Ressourcen als „Anker“ für bessere Zeiten hinaus kann man über ein paar unspektakuläre (lösungsorientierte) Fragen in einen Dialog mit sich selbst treten: Was interessiert mich? Was kann ich tun, um mein Interesse zu befriedigen? (Das muss nicht gleich der große Wurf sein, auch kleine Oasen lustvollen Handelns haben eine enorm motivierende Wirkung!). Wie kann ich meinen persönlichen Motiven (s. Pkt. 1) besser entsprechen? Was hindert mich? Was spornt mich an? Wer kann mir (durch Rat, Zuspruch, Aktion) behilflich sein?

Rahmenbedingungen verändern (7)

Da kommen dann schon einige Antworten zusammen, die man sich selber geben kann. Jetzt geht es in die Aktion. Und auch hier gilt: Strukturierte (kleine) Schritte machen am Ende den Erfolg aus. Es macht wenig Sinn, sich den Idealzustand als kurzfristiges Ziel zu setzen. Also geht man am besten in seinem unmittelbaren Umfeld auf die Suche nach konkretem Veränderungspotenzial. Das kann eine neue Arbeitsorganisation sein, die Lieblingsblume im Büro oder auch ein Gespräch mit Vorgesetzten oder Kollegen. Vielleicht ist es hilfreich, sich außerhalb des Arbeitsplatzes einen regelmäßigen Ausgleich zu schaffen mit Aktivitäten, die Spaß machen: Sport, Musik, Treffen mit Freunden? Jede Art von Veränderung ändert die Grundsituation. Hier ist Kreativität genauso hilfreich wie der positive Grundgedanke, dass man all das für sich selbst und für niemand anderen tut.

Kommunizieren (8)

Wenn man sich auf sich selbst verlassen kann, ist das schon die halbe Miete. Doch im Umfeld schlummern mit Sicherheit noch viele weitere Möglichkeiten. Darüber lohnt es sich, zu reden. Im Austausch mit Kollegen und Vorgesetzten erfährt man mehr über deren Vorlieben, Ziele und Strategien. Womöglich wird eine Neustrukturierung der Aufgaben und Abläufe im Team sogar auch von anderen begrüßt oder man bekommt mal das lang ersehnte Feedback für die eigene Arbeit, das so oft im Alltagstrott auf der Strecke bleibt. An dieser Stelle empfehle ich ein kleines Experiment: Einfach mal selber anzufangen mit wertschätzenden Worten gibt anderen die Möglichkeit, ihr eigenes Feedback-Verhalten zu verändern. Nicht selten ist die Überzeugung, dass es eh niemanden interessiert, was man macht einer der Hauptauslöser für Motivationskrisen. Diesen Teufelskreis (keiner gibt Feedback, also mache ich es auch nicht, obwohl ich es gerne mal hätte) kann man jederzeit selber durchbrechen.

Veränderungen wahrnehmen (9)

Nun hat man schon einige Steine ins Rollen gebracht. Eine bewusste Reflektion der Veränderungen unterstützt die positive Entwicklung. Und auch hier ist ein Blick auf die kleinen Erfolge hilfreich: das kann das eine Gespräch sein, das man mit der Kollegin geführt hat, was zu gegenseitigem Verständnis und damit auch zu einem freundlicheren Umgang oder einfacheren Arbeitsabläufen geführt hat. Oder auch die gewonnene Gewissheit, dass man als wichtiges Teammitglied geschätzt wird und die eigenen Ideen und Veränderungswünsche erwünscht sind. Vielleicht aber auch die Sicherheit, sich umorientieren zu müssen, weil die eigenen Motive im Umfeld nicht genügend Raum haben. In jedem Fall weiß man nun, dass auch ein solcher Schritt bewältigt werden kann. Denn nur die eigene Aktivität, gestärkt mit dem Wissen um die eigenen Fähigkeiten versetzt die Berge, die wir gerne aus dem Wege schaffen möchten.

Bonne chance!